Mittwoch, März 07, 2007

Zum Leiden geboren (Fortsetzung)

In diesem Leben scheine ich nur durch Demütigungen weiter zu kommen. Ich komme nicht umhin, mich zu fragen, wie viel ich noch ertragen muss? Menschen laben sich an Demütigungen anderer! Sie lieben es, zu sehen wie andere leiden. Erfahren musste ich das kürzlich selbst als ich ein Geschenk besorgte. Ich kaufte ein Buch, genauer gesagt: ein Sex-Ratgeber. Auf der Front des Buches war natürlich ein nackter Mann abgebildet. Normalerweise pflege ich solche Literatur übers Internet zu bestellen, aber diesmal redete ich mir genügend Selbstbewusstsein ein und marschierte mit dem Ratgeber auf die Kasse zu. Die erste war leider geschlossen und so leitete man mich an die nächste weiter. Ich atmete tief durch und ging gezwungenermassen zur Hauptkasse. Dort angekommen, legte ich das Buch sehr bewusst mit der Titelseite nach unten auf die Theke. Diskretion schien jedoch in dieser Buchhandlung ein Fremdwort zu sein. Der Verkäufer drehte mir nichts, dir nicht das Buch um und setze sogar einen drauf: Als Höhepunkt (Im Buch geht zwar ausschliesslich um Höhepunkte...) hielt er es in die Luft und fragte seine Kollegin, die gegenüber am einräumen war, wie viel das Buch koste? Das Preisschild fehlte dummerweise. Mein Selbstbewusstsein sackte ein. Ich spürte in meinem Rücken die Blicke aller anderen Kunden, die Rentnerin neben mir schien mich zu röntgen und die junge Mutter neben mir schaute mich vorwurfsvoll an. "Darf igs no inne Säckli tue?", fragte er mich. "Nein, stellen Sie es mir auf den Kopf", wollte ich sagen, aber dankbar, dass das Buch nun endlich verhüllt war, machte ich mich auf den Weg. Bevor ich mich von diesem Schicksalsschlag erholt hatte, erlebte ich eine weitere, eigentlich noch schlimmere Demütigung. Am Flughafen wurde ich vom Sicherheitsbeamten aufgefordert, meinen Hut abzuziehen. Auch er genoss es scheinbar, mich kaputt zu machen. Er zog dafür nämlich nicht einmal den Vorhang zu!

le marco
Er sammelt Demütigungen wie andere Kaffeerahmdeckeli.